Covid-19-Pandemie: Verhaltenskodex in der Automobilindustrie | VDA

Um unter Beachtung des Gesundheitsschutzes den Wiederanlauf der Produktion im Rahmen der Covid-19-Pandemie zu unterstützen, haben sich die europäischen Verbände der Automobilhersteller (ACEA) sowie der Zulieferer (CLEPA) auf einen gemeinsamen Verhaltenskodex geeinigt. Der Verband der Automobilindustrie (VDA) hat hiervon eine inoffizielle deutsche Übersetzung zur Verfügung gestellt. Es gilt der englischsprachige Originaltext. Wir möchten unseren Kunden und Partnern aus der Automobilindustrie diese Informationen zur Verfügung stellen.

Vorwort

Die Aktivitäten in der Automobilindustrie sind nach einer zehnjährigen von Wachstum und Innovation geprägten Phase, die sich der schweren Finanzkrise in den Jahren 2008 / 2009 anschloss, unvermittelt und fast vollständig zum Erliegen gekommen. Es handelt sich hierbei um eine noch nie dagewesene Situation mit einem großen Schadenspotenzial für eine ansonsten blühende, innovative und wettbewerbsfähige Industrie.

Angetrieben von dem Wunsch aller Beteiligten entlang der Wertschöpfungskette diese Situation zu überwinden, gepaart mit einer ethischen Unternehmensführung sowie auf Basis der 2008 und 2009 gesammelten Erfahrungen, ist die Automobilindustrie fest entschlossen, gestärkt aus dieser Krise hervorzugehen. Die im vorliegenden Verhaltenskodex vor dem Hintergrund der Corona-Krise zusammengefassten Erfahrungen und Erkenntnisse sind als Leitlinien für eine grundlegende Orientierung gedacht, die für die zeitnahe und koordinierte Überwindung der Corona-Krise erforderlich sind.

Allgemeines

Die Corona-Krise stellt die gesamte Welt vor gesundheitliche, gesellschaftliche und wirtschaftliche Herausforderungen mitsamt potenziell gravierendem Einfluss auf Menschen, Unternehmen und Staaten. Dabei sollte jederzeit die höchste Priorität haben, die Risiken für Belegschaften und die Gesellschaft so gering wie möglich zu halten.

Die bestmöglichen Ergebnisse zum Schutz der Menschen und zur Minimierung der wirtschaftlichen Schäden werden wir erzielen, wenn wir gemeinsam in einem von Partnerschaft geprägten Geist durch diese Krise steuern, der die gültigen Wettbewerbsregeln sowie die kartellrechtlichen Vorgaben berücksichtigt.

  • Um die Entscheidungen zu treffen, die eine erfolgreiche Rückkehr zu einer zukunftsfesten und nachhaltigen Wertschöpfungskette sichern, braucht es eine Vorstellung von der Wiederaufbauphase nach der Krise. Hierzu gehören Aufgeschlossenheit und Offenheit für ein gemeinschaftliches Vorgehen, um schnelle und wirkungsvolle Entscheidungen zu ermöglichen und diese, soweit erforderlich, in einem von Solidarität geprägten Geist anpassen zu können.

Arbeitsplatzsicherheit

Gesundheit und Sicherheit der Bürger und Mitarbeiter genießen hohe Priorität. Alle Teilnehmer der Wertschöpfungskette verpflichten sich daher,

  • eine sichere Arbeitsumgebung bereitzustellen, die den geltenden Sicherheitsstandards entspricht.
  • öffentliche Stellen aufzurufen, die Maßnahmen EU-weit zu harmonisieren, wo immer dies möglich ist.
  • in Konsultation mit den Sozialpartnern gemeinsame Kriterien, Standards und Bedingungen zu erörtern, unter denen Mitarbeiter die Produktion sicher wiederaufnehmen können.
  • eng mit den Mitarbeitern zu kommunizieren, Maßnahmen des vorbeugenden Gesundheitsschutzes einzurichten und für die hierfür erforderliche Unterweisung zu sorgen.
  • sich mit allen Teilnehmern entlang der Wertschöpfungskette in einem Best-Practice-Ansatz über die geeignetsten Gesundheits- und Sicherheitsmaßnahmen auszutauschen.

Transparenz

Die erfolgreiche Überwindung der Krise erfordert einen zeitnahen Austausch von relevanten und angemessenen Informationen, welche die Teilnehmer der Wertschöpfungskette in die Lage versetzt, ihre Planungen und Handlungen so effektiv wie möglich zu gestalten. Die vor- und nachgelagerten Partner der Wertschöpfungskette verpflichten sich daher,

  • einander mit transparenten und zuverlässigen Informationen über die zu erwartende Nachfrage zu versorgen sowie einander zeitnah über Verzögerungen und die daraus folgenden Abweichungen zu informieren.
  • vor- und nachgelagerte Partner über die Abschaltung von Anlagen, Produktionsausfälle und das Wiederhochfahren von Kapazitäten zu informieren, um keine vermeidbaren Kosten zu verursachen.
  • Klarheit und Transparenz in der Kommunikation mit ihren Geschäftspartnern zu wahren über die in ihren Werken unter Einhaltung der Sicherheitsmaßnahmen verfügbaren Produktionskapazitäten.
  • in gutem Glauben mit ihren Geschäftspartnern zu erörtern, ob die außergewöhnliche Situation für laufende Projekte eine neue Prioritätensetzung im Hinblick auf beschränkte Kapazitäten bei Forschung und Entwicklung sowie bei Maschinen und Anlagen erfordert, wozu auch die Anpassung oder die Verschiebung von Projektmeilensteinen und der Planung gehören können.

Vertragliche Verpflichtungen

Alle Partner entlang der Wertschöpfungskette tragen eine gemeinsame Verantwortung für den anhaltenden wirtschaftlichen Erfolg der Branche. In Zeiten der Krise kommt es insbesondere auf die Aufrechterhaltung der Liquidität an. Daher gehen die Teilnehmer entlang der Wertschöpfungskette von folgenden Annahmen aus:

  • Die Branche kann nur dann nachhaltig aus dieser Krise hervorgehen, wenn alle Parteien die eingegangenen vertraglichen Verpflichtungen respektieren, insbesondere im Hinblick auf zu leistende Zahlungen, die Abnahme und rechtzeitige Bereitstellung von bestellten Erzeugnissen, Investitionsgütern, Produktionseinrichtungen, Prüfungs-, Entwicklungs- und Technik-Dienstleistungen sowie durch Bestellungen geschaffene Lagerbestände, und, dass
  • unter Berücksichtigung der außergewöhnlichen Umstände, die die gesamte Branche betreffen, diese vertraglichen Verpflichtungen (einschließlich der Klauseln bezüglich höherer Gewalt) auf eine pragmatische Art und Weise und mit dem Ziel angewendet werden, den Wertschöpfungspartnern keine vermeidbaren oder zusätzlichen Kosten aufzubürden, mit dem Ziel, eine ganzheitlich gesunde Wertschöpfungskette zu erhalten.

Vorbereitung der wirtschaftlichen Erholung

Eine geordnete Wiederaufnahme der Produktion entlang der gesamten Wertschöpfungskette der Automobilindustrie ist ohne enge Koordination nicht möglich. Alle Akteure der Wertschöpfungskette verpflichten sich daher,

  • die Produktionskapazitäten rechtzeitig wieder hochzufahren und diese mit allen vor- und nachgelagerten Partnern in diesem nach wie vor schwierigen wirtschaftlichen und hygienischen Umfeld zu koordinieren. Dies gilt für Projekte, Produktionsanlagen sowie die logistische Kapazität sowie gegebenenfalls die Berücksichtigung möglicher kritischer Erfordernisse von Beteiligten.
  • den Auswirkungen von Produktionsunterbrechungen in einer bestimmten Region auf die Verfügbarkeit von benötigten Komponenten für die Fortsetzung der Produktion in anderen Teilen der Welt Rechnung zu tragen.

Fairer Wettbewerb

Das Erfordernis einer weitgehenden Kooperation in der Branche ist zwar unstrittig, dennoch verpflichten sich alle Teilnehmer der Wertschöpfungskette, sich in vollem Umfang an die geltenden gesetzlichen Bestimmungen des Wettbewerbsrechts zu halten. Über eine regelmäßige rechtliche Überprüfung aller Bemühungen um Koordination und den Austausch von Informationen hinaus sollen die folgenden Grundregeln gelten:

  • In wettbewerblicher Hinsicht sensible Angaben, einschließlich zur Nachfragesituation, zu Produktionskapazitäten, zu geplanten Ausfallzeiten oder Kapazitätsausweitungen sind auf Partner derselben Wertschöpfungskette zu beschränken und Mitwettbewerbern anderer Wertschöpfungsketten grundsätzlich nicht zugänglich zu machen.
  • In Fällen, in denen ein vorübergehender Informationsaustausch oder eine Zusammenarbeit zwischen Wettbewerbern geboten erscheint, um einen Versorgungsengpass infolge der Corona-Krise zu vermeiden, soll dieser Austausch beziehungsweise diese Zusammenarbeit in Übereinstimmung mit Artikel 101AEUV/53 EWR oder anderweitig geltender Wettbewerbsbestimmungen sowie gemäß den Leitlinien der zuständigen Wettbewerbsbehörden erfolgen.

Über ACEA
ACEA vertritt die 16 größten europäischen Hersteller von Fahrzeugen, Transportern, Lastkraftwagen und Bussen: BMW Group, CNH Industrial, DAF Trucks, Daimler, Ferrari, Fiat Chrysler Automobiles, Ford of Europe, Honda Motor Europe, Hyundai Motor Europe, Jaguar Land Rover, PSA Group, Renault Group, Toyota Motor Europe, Volkswagen Group, Volvo Cars, and Volvo Group.

Über CLEPA
CLEPA vertritt über 3.000 Unternehmen, die Komponenten nach dem neuesten Stand der Technik und innovative Technologien für eine sichere, intelligente und nachhaltige Mobilität bereitstellen und über 25 Milliarden Euro jährlich in Forschung und Entwicklung investieren. Bei den Zulieferern der europäischen KFZ-Industrie sind insgesamt fast 5 Millionen Menschen auf dem gesamten Kontinent beschäftigt.

Quelle
Verband der Automobilindustrie e.V (VDA): https://www.vda.de/de

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